Dienstag, 20. November 2012

Bilanz: negativ!

Was bisher geschah: Die Villa Schulthess in Stäfa wurde nach unserer Einladung zum Glühwein am letztjährigen Silvester kurz besetzt. Ich, Charlotte, habe eine Hausreinigung mit Salbei durchgeführt, da es entsetzlich stank. Die Kühlschränke waren voll mit abgelaufenen Nahrungsmitteln. 

Nach dem taktlosen Bericht einer Regionaljournalistin im Jänner 2012 wurde das Haus geräumt. Seither passierte nichts. Das Haus blieb "offen". Die offene Balkontür wurde nicht gesichert, eine Glühbirne brannte monatelang, um Besetzer abzuschrecken, bis sie durch war. Dann gab es mehrere Besetzungen, meines Wissens mindestens 2 an Zahl. Ich hörte von einem Besetzer, der bei der Glühwein-Besetzung dabei war, dass Diebe sich mittlerweile bedient hätten bei den Kunstgegenständen und wertvollen Möbeln, die ihre Zeit im Abseits in trockenen Räumen gut überstanden hatten. 
Die Glühwein-Besetzer hatten hehre Ziele, die dem Haus gedient hätten. Die Eigentümerin aber scheint die Villa abgeschrieben zu haben. Zum Verfall freigegeben. Besetzer werden permanent von der Polizei rausgejagt. Dabei wäre es so einfach: Strom, Wasser, ein Dach überm Kopf. Und ambitionierte, handwerklich begabte Leute, die alles gepflegt hätten. 
In diesem Lande sind Grundrechte einen Pfifferling wert. Nicht einmal ein Dach über dem Kopf hat man. Die Menschen, die sich damit abfinden, nicht dazuzugehören, und auf ihre Art weiterleben, haben mehr Mut und Chuzpe und Überlebensfähigkeit als die Lemminge, die Füdlibürger. Sie leben ohne Furcht. Was passiert, wenn die Angst besiegt wird, sehen Sie, werter Leser, hier: 





Sonntag, 8. Januar 2012

Stay positive: Zuckerfest!





"Ein Dorf denkt nach", heisst es in unserem Initiationszünder-Text (siehe Reiter "Wozu das Ganze?"). Bis dahin hatte sich noch niemand Gedanken gemacht. Doch die Dinge ändern sich. Ein Blick in die Kommentare dieses Blogs genügt, um zu erkennen: Ein Dorf denkt nicht nur nach, es empört sich sogar! 

Es herrschen Wohnungsnot und Mietwucher in und um das Sahnetörtchen "Millionen-Zürich". Ohne Galgenhumor ists nicht zu ertragen, dass alte, zum Teil denkmalgeschützte Häuser in Stäfa und Umgebung leerstehen. Sollen sie verfallen? Und was passiert, wenn man etwas Wertvolles zerfallen lässt? Man reisst es ab. Das ist wie Nahrung, die weggeworfen wird. Die Gemeinde schaut zu, wie Menschen kein Dach überm Kopf finden (oder analog: verhungern). Hinzu kommt: Schon eine einzige ungezahlte Rechnung genügt, um einen Eintrag im sogenannten Vertreibungs-Register zu bekommen. Wohnungsinteressenten müssen in der Regel ihr Vertreibungs-Register im Original (Gebühren!) abgeben. Wer auf diesem Wisch einen Eintrag hat, hat null Chance auf ein Dach überm Kopf. Hinzu kommt: Wohnungsbesichtigungen sind so gut besucht wie ein türkischer Basar. 

Solche Zustände gehen uns alle an. Der Staat ist ein Verwaltungsapparat, nicht mehr und nicht weniger. Er ist nicht unser Gewissen, der Staat kann sich nicht empören. Das kann nur das Volk. Statt uns am Stammtisch zu beschweren und den Ärger mit Alkohol herunterzuspülen und dabei am Public Viewing ein Sepp-Mafia-Fifa-Fussballspiel zu verfolgen, leuchten wir das, was uns bewegt, direkt an, um es zu transformieren. Wir schauen hin und sind empört. 


G-8-Bewohner haben investiert, aufgeräumt und geschützt

Die Bewohner der G-8 (Familie Müller) haben das Haus 5 Tage lang bewohnt: es aufgeräumt, angefangen zu gärtnern, energetisch gereinigt (eine zweite Reinigung war geplant, da sehr viel negative Energie vorhanden war) und ins Haus investiert. Doch wegen mangelnden Fingerspitzengefühls im Artikel der "Zeitung" vom 5. Januar (siehe Blogeintrag "Medienschelte) wurde das Haus prompt am Erscheinungstag auf Geheiss der Eigentümerin geräumt, die man bis dahin vergeblich mehrfach zu kontaktieren versucht hatte. 


Wer hat die Räumung angeordnet? 

Die Gesetzeslage war so, dass niemand ohne Veranlassung der Eigentümerin in die Bewohnung (in "Zeitung"-Sprache: Hausbesetzung) eingreifen konnte. Wo ist das geduldige Papier, das angeblich die Unterschrift der Eigentümerin trägt? Uns beschleicht der Verdacht, dass die Eigentümerin nach wie vor kein Interesse hat am Haus, schlimmer noch: dass der Räumungsbefehl gar nicht von der bis dahin als verschollen geglaubten Frau kam, weil: Seit der Räumung ist nichts passiert. Die Plastikwannen der Bewohner der G-8 zur Regenwassersammlung stehen immer noch dort. Der Wohnsitz der Eigentümerin auf der anderen Seeseite gleicht ebenfalls einem Geisterhaus. (Siehe auch Blog-Kommentar eines Anonymus, der vor einiger Zeit selbst in die Villa Sch… gestiegen war. Er versuchte, die Eigentümerin zu kontaktieren, um Wohnerlaubnis zu bekommen. Doch ihr Wohnsitz schien ebenso verlassen zu sein wie die Villa Schulthess. Da wurde ihm die Sache unheimlich und er verschwand.)


Schokoladen-Monster?

Die Familie Müller ist zwar fort. Aber es geht weiter. Nun liegen bunte Schokoladen-Ausserirdische vor dem Hauseingang herum. Waren die Schokoladen-Monster am Werk? Hat der Schoggi-Häuptling zum x-ten Male eine Hochzeitsfeier abgehalten (das wäre Ehefrau Nummer 23, wenn ich richtig gerechnet habe)? Oder ist schlichtweg ein gutes Omen? 



Freitag, 6. Januar 2012

Räumung!

Gestern um ca. 16 Uhr, während der Sturm Andrea über die Schweiz fegte, wurde das Haus G-8 polizeilich geräumt. Wir sind enttäuscht und fühlen uns überrumpelt von Medien und Polizei. Gerne hätten wir mit der Eigentümerin Kontakt aufgenommen, doch sie schien verschollen zu sein. Nun versuchen wir es noch einmal (siehe Artikel unten!).

Die Eigentümerin verschollen, unauffindbar? Offenbar waren wir falsch informiert! Denn die Eigentümerin selbst hat die Räumung veranlasst. Unsere Erklärung für ihr harsches Vorgehen: Aufgrund der subjektiven Berichterstattung der Medien gerieten Eigentümerin und Behörden derart unter Druck, dass ausser dem kurzen Kontakt zur Bevölkerung und zur Gemeinde nichts mehr zustandekommen konnte. Wir fühlen uns kriminalisiert (dadurch, dass die Medien im 2. Artikel vom 5. Januar die Behörden total gegen uns stellten, obwohl dies nicht der Wahrheit entsprach) und übergangen. Die Interessen der Stäfner (Heimatschutz, Verfall eines Hauses mitten im Dorf) scheinen ebenfalls zweitrangig zu sein. Hauptsache schnell handeln und nichts konstruktives entstehen lassen? Und der Schandfleck, der durch die Bewohnung des Hauses korrigiert werden sollte, wird noch grösser. 


Wir glauben, dass es noch eine Möglichkeit gibt! Lesen Sie weiter unten.  

Medienschelte


Hallo "Die Zeitung"


Leider haben Sie als "Journalisten" unser Vertrauen missbraucht und sich Zugang ins Haus verschafft, die Bewohner überrumpelt, versucht, ihre Namen zu publizieren oder sie wenigstens effekthascherisch mit Anonymous-Maske in Szene zu setzen. Die Dinge wurden verzerrt dargestellt, unauthorisiert in der Zeitung gedruckt, die Hauseigentümerin, ihre Familie und die Pressestelle der G-8-Bewohung (Charlotte und Johann W. von Goethe) plus Bewohner, die Ihnen den Zutritt erlaubten, in eine sehr peinliche Situation gebracht, und das nur, um einer "Story", die es noch nicht einmal gab, den Todesstoss zu versetzen. 


Wozu die unauthorisierten Details und vor allem MUTMASSUNGEN über die Eigentümerin bzw. ihren Sohn (wo bleibt da der Schutz der Privatsphäre?), warum die Lüge über eine grundsätzlich negative Haltung der Gemeinde und die Polizei, die nach unserem Kenntnisstand (und dem Ihres Kollegen Patrick Gut, siehe Artikel in "Der Zeitung" vom 31. Dezember 2011) der Sache und den Bewohnern (für Sie: Besetzern) sehr positiv gegenüberstanden? 


Auf diese Weise haben Sie Polizei und Gemeinde (Zitat Polizei:"Wir sind hier, weil es heute in der Zeitung gestanden hat.") in Zugzwang gebracht, sie gegen die friedlichen Bewohner aufgehetzt und schlafende Hunde (die seit 4 Jahren scheinbar verschollene "Eigentümerin") geweckt. 


Dass die Hauseigentümerin über den Artikel auf der Frontseite der "Zeitung" wegen der wilden "Detektivgeschichte" über die Entstehungsgeschichte des Verfalls in Rage geraten sein könnte und so brüskiert war, dass sie ohne einen Versuch, mit den Bewohnern das Gespräch aufzunehmen, prompt mit 10-15 Polizisten der Kantonspolizei das Haus räumen liess, ist angesichts Ihrer unsachlichen, hetzerischen Berichterstattung nur verständlich. 


Vielleicht sehen wir die Dinge falsch, aber wir sind der Ansicht, dass Sie hier mit einem Silvesterknaller oder -kater im Nacken eine schöne Sache nur um ein paar schnellen Zeilen willen erstickt und verzerrt haben. An die Bewohner von Stäfa haben Sie dabei auch nicht gedacht. Weder die noch die Gemeinde sind daran interessiert, ein Haus mitten im Dorf verfallen zu lassen. Die friedliche Bewohnung war seit dem Kauf und praktischen Leerstand im Jahre 2001 das Beste, was der G-8 (Goethestrasse 8) passieren konnte. 


Einen Brief an die Eigentümerin mit dem Angebot der Bewohner finden Sie weiter unten. Bei Fragen wenden Sie sich an Pressestelle (s. Reiter oben) per E-Mail: villasch@gmail.com 


Mit dichterischem Gruss
Charlotte und Johann Wolfgang von G-8

Brief an Frau Schnyder


Stäfa, 5. Januar 2012


Sehr geehrte Frau Schnyder,

Die Aktion, in deren Folge die Villa Schulthess für mehrere Tage bewohnt und umgestaltet wurde, ist angeregt worden von einem Stäfner Künstlerpaar, dessen Anliegen es ist, auf ungenutzten Wohnraum aufmerksam zu machen. Es schien, dass die Villa Schulthess schon seit längerer Zeit von Ihnen verlassen worden war. Auch ansässige Stäfner und die Unterlagen, die wir im Haus fanden, bestätigten diese Annahme.

Das Künstlerpaar eröffnete zum Thema einen Weblog im Internet (www.villa-sch.blogspot.com) und lud die Bevölkerung mit einem Plakat zum Silvester-Umtrunk ein.

Wir, die Familie Müller, eine Gruppe von Lebenskünstlern und Handwerkern, zog darauf am 1. Januar ein. Mit Rücksicht auf Ihren persönlichen Besitz schafften wir erstmals Ordnung und diskutierten unsere Ideen, wie dieses Haus wieder mit Leben gefüllt und vor dem Verfall gerettet werden kann. Auch die Gemeinde ist daran interessiert, dass der Bau erhalten bleibt. Allein schon wegen des Denkmalschutzes. Aus diesem Grund ernteten wir Anfangs sogar Sympathie für unser Vorgehen, was leider durch den Zeitungsartikel vom 5. Januar ins Gegenteil kippte. Unsere Stellungnahme zur rücksichtslosen medialen Ausschlachtung durch die Zeitung ist bekannt (siehe Weblog). Der Artikel ist zugespitzt und unsympathisch, allein schon wegen der Erwähnung Ihrer privaten Familienangelegenheiten.

Zu uns: Wir suchten Wohnraum, Freiraum, wollten uns gemeinsam verwirklichen, einen Platz für die Menschen von Stäfa schaffen und eine Bühne für Theater und Konzerte bieten.

Wie die Zeitung berichtete, sind wir im Falle eines Gebrauchsleihvertrages bereit, dies und noch viel mehr in diesem Haus zu reparieren. Eine Anklage wegen Hausfriedensbruchs kostet uns eine Busse, Sie jedoch stellen damit eine Gruppe junger und motivierter Menschen, die Ihr Haus in einen Begegnungsort für Jung und Alt verwandeln wollen, in ein falsches Licht.

Was wir uns wünschen ist eine Nutzung des Hauses, geregelt durch einen Gebrauchsleihvertrag. Wir sind bereit, Strom- und Wassergebühren zu übernehmen, das Gebäude zu unterhalten und den Garten zu pflegen.

Wir hoffen auf baldige Kontaktaufnahme Ihrerseits per E-Mail villasch@gmail.com und verbleiben freundlichst,

Familie Müller




Donnerstag, 5. Januar 2012

Artikel in "Der Zeitung"

Heute erscheint in "Der Zeitung" ("Tages-Anzeiger" und "Züriseezeitung") ein Artikel, der leider einer Lücke in unserem Pressesystem zu verdanken ist. Hier dazu vorweg unsere Stellungnahme: 


Der Artikel verzerrt die Tatsachen. Das erkennt man schon beim Vergleich mit dem ersten Artikel zum Thema G-8 in derselben "Zeitung"! Diesmal ging jemand zu Werke, der einfach nur eine "Story" auszuschlachten versuchte. Ein Beispiel: Dass die Gemeinde Stäfa uns per se "kriminalisiert" ("Die haben das nichts verloren", "Das ist schlicht Hausfriedensbruch"), entspricht schlicht nicht der Wahrheit. Die Gemeinde hat bisher ganz andere, sogar wohlwollende Töne von sich gegeben, die wir allerdings nicht zitieren wollen, da wir nicht mit "journalistischen Mitteln" arbeiten und hetzen wollen, sondern schlichtweg Menschen sind, die leben, wohnen (Wohnungsnot!) und leben lassen wollen. Die Journalistin Regine Imholz dagegen hat einen "heissen Artikel" produziert, indem sie den Bewohnern der Goethestrasse 8 (G-8) sinnlose, bohrende Fragen stellte (Begründung: "Ich muss dazu etwas schreiben") und die Gemeinde als Gegner der "Bewohnung" (nicht "Besetzung") eines Objekts darstellte, für das sich jahrelang niemand interessiert hat. Wir räumen ein Haus auf, das verlottert, wir räuchern es aus, reinigen es und ordnen das Chaos! Schade, dass "Die Zeitung" so chaotisch unter Druck und mit peinlichen Mitteln arbeitet ("Ich MUSS (???) dazu etwas schreiben"). Doch die Dinge ändern sich. Niemand muss glauben, dass das geschieht, was gelangweilte, Story-geile Medienschaffende sich wünschen. Die Villa G-8 wird bleiben, denn sie wird vom Dorf mitgetragen. Stäfa lebt und denkt laut. Wir lassen gern mit uns reden. Der direkte Kontakt mit der Bevölkerung und der Gemeinde ist uns aber viel mehr wert als der mit den Medien. 

Mittwoch, 4. Januar 2012

Ghostbusting

Der Güsel ist raus, der Dreck ging ins Licht. Charlotte hat heute ihren Salbei-Stengel geschwungen, Reiki-Symbole angewendet und das Haus komplett gereinigt. Ihre Uhr blieb um 14 Uhr stehen. Nun läuft sie wieder. Und das ohne Uri Geller! 

Montag, 2. Januar 2012

Pressesprecher

Während man bei russischen Hausbesetzungen zum unfreundlichen Takeover eine mit Wodka gefüllte Babuschka-Puppe an die Wand zu pfeffern pflegt, geht man an der Goethestrasse 8 mit gewohnt höflich schweizerischer Art und Weise ans Werk: nämlich mit putzen und aufräumen. Man will nichts falsch machen und beschliesst, den Müll oder das, was dafür gehalten wird, vorsorglich besser im riesigen Kellergewölbe zwischenzulagern.
Stolz zeigt man uns die geordneten Kästen: Hier sind die Bücher drin, da der Schriftverkehr und da die kleinen Kostbarkeiten.
Im Parterre ist die Familie Müller eingezogen, und schon verspürt man gelinde wieder etwas von Wohnlichkeit. Dass ich das auf meine alten Tage noch erleben darf! Es weht der Pioniergeist durchs Haus! Schöne und freundliche Menschen sind sie, die neuen Hausbewohner.
Man fragt sich beim spontanen G-8-Gipfelitreffen im Korridor, wie man im Umgang mit der Presse zu verfahren gedenke und beschliesst, es solle doch alles über diesen werthen Blog hier führen, das wäre wohl am vernünftigsten. Wohlan denn! Pressetexte werden fortan in Goethe'scher Manier verfasst werden:

Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und lebt!
Wie Hausbesetzerkräfte auf und nieder steigen
Und sich die goldnen Eimer reichen!
Mit segenduftenden Schwingen
Vom Estrich bis zum Keller dringen,
Harmonisch all’ den Müll durchklingen!

Doch auch die Moderne Einzug findet
In der Dichtkunst bunten Welt
Eine Mailadresse bebet
Unter Schreiberlingens fingern
Zittert Nageldreck famos
Komm, ach komm an unsrer
Zarten Weltverbessrer-Brust:

villasch@gmail.com

Endlich: besetzt!

Sonntag, 1. Januar 2012

Das Haus erkunden

Charlotte und meine Wenigkeit waren bereits zu früher Abendstunde den Spirituosen zugeneigt, sahen uns zum dreizehntausendsten Mal "Dinner for one" im Affenkasten an und kochten Weinsud mit allerlei Gewürzen auf.
Dann machten wir uns auf den Weg zur Villa Sch., frohen Mutes und leichten Herzens.
Jemand hatte bereits die ganze Treppe mit Kerzen beleuchtet! Also würden Schalotte, mein knuspriges Abenteuermädel und ich an diesem Abend wohl nicht alleine bleiben, mit den vier Litern Traubensud.
Es sassen schon einige junge Menschen vor der Haustüre und begrüssten uns warm. Dann gingen wir hinein. Ich, J.W. Goethe, hatte Glühbirnen im Gepäck und suchte nach Lampen, die nach Befüllung lechzten.
So wurde es denn von Zimmer zu Zimmer heller, aahs und ooohs erschallten durch die Räume, wenn wieder jemand etwas Gewichtiges oder Mitteilungswürdiges, wie beispielsweise ein Fotoalbum oder ein sonderliches medizinisches Gerät entdeckte. Beispielsweise hatte ich keine Ahnung, dass Lebensmittel nach neun Jahren im Kühlschrank noch immer fürchterlich stinken können. Raum um Raum wurde geöffnet, ein junger Geck spielte dazu das in der Stube befindliche Klavier, und ich machte mich aufgeregt über eine Schublade von Briefen und Dokumenten her. Was gab es da alles zu bestaunen! Wunderbare Antiquitäten, Uhren, alte Gemälde, Geschirr, eine Feuerzangenbowle, aber auch viel Müll, zerknüllte Kleider, die Bettstatt von zwei früheren, heimlichen Bewohnern, welche vermutlich durch unser Tun der letzten Tage verschreckt worden waren und reissaus genommen hatten.
Immer wieder blickten neue Gesichter in die Räume, neugierig, aufgeregt und strahlend.
Im Keller fand man Weine und fragte sich, ob die wohl noch geniessbar seien, einer las den Ölstand im Heizraum ab, andere machten sich in den oberen Räumen zu schaffen und mutmassten darüber, was wohl mit der Herrin des Hauses und ihrem Sohn passiert sei. Man wurde den Eindruck nicht los, dass man da Zeuge eines Krimis, einer Verschwörungsgeschichte oder wenigstens eines Dramas wurde: Die zahlreichen Briefe, handgeschriebenen Notizen und Zettel bildeten ein verstörendes Mosaik. Von Verfolgung und Überwachung war da die Rede.
Keine Polizei schaute vorbei, aber auch kein Nachbar der direkt umliegenden Häuser wurde gesichtet. Auch eine ältere Dame, die ihren Besuch in der Villa angekündigt hatte, blieb leider aus.
Es war ein wunderbarer Silvester, wie ihn meine Gespielin Charlotte und ich, der Dichter und Denker, unser Leben lang nicht vergessen werden. Der Bilder satt und trunken wankten wir heim, und schliefen wohlig ein.